Habt Ihr schon mal etwas von Klick-Sonar gehört? Dann wird Euch dieser
Beitrag, den ich zu diesem Thema verfaßt habe, Euch darüber mehr Auskunft
geben.
Klick-Sonar - Noch mehr Unabhängigkeit
Über Klick Sonar habe ich schon vor einigen Jahren gehört. Einmal las ich
einen Beitrag im Spiegel Online und sah einen Bericht im Fernsehen, wo Daniel Kish über das Thema Klick Sonar ausführlich berichtete.
Den Spiegel Bericht las ich mit wachsendem Interesse. Einerseits machte es
mich total neugierig darauf und andererseits konnte ich es mir überhaupt
nicht vorstellen das dies ohne noch etwas sehen zu können allein Fahrrad in
bergiger Umgebung zu fahren und ohne Begleitung in den Bergen wandern zu
gehen ..., annähernd funktioniert. Bis ich den Beitrag im Fernsehen sah. So
konnte ich es mir zumindest einigermaßen vorstellen wie es mit dem
Klick-Sonar von statten geht.
Als ich mich damit näher befasste, fiel mir
wieder ein, wie es war, als ich zu erblinden drohte. Das hatte ich in den
Jahren völlig verdrängt, daß ich mir ähnliche Möglichkeiten angeeignet hatte, die mir dabei helfen sollten, den Weg oder Dinge die sich auf dem Weg befinden, hörbar werden zu lassen. Z. B. Echos nutzen um sich zu orientieren oder durch Klacklaute der Absätze und durch Fingerschnipsen.
(Mehr über die "Echoortung" im WIKI)
Meiner Umgebung gefiel das aber gar nicht. Meinten, daß dies mich wie ein
völlig behinderter Mensch wirken lässt. Als wenn Du ein bisschen, nicht
normal im Kopf wärst.
Es fehlte nur noch der Spruch: "Was sollen denn die Leute sagen".
Das wollte ich natürlich nicht, so wahrgenommen werden.
Ja und dann habe ich das sein gelassen und verdrängt. Es war ja auch eine
andere Zeit in der ich herangewachsen bin und ich war ein Kind und Kinder hatten in dieser Zeit nichts zu sagen. Da wurde man noch schief angesehen, wenn man ein behindertes Kind hat oder war. Ja und wenn man als
Gehandicapter ohne Begleitperson unterwegs war, ging das gar nicht, in den
Augen Außenstehender.
Die Vorstellung der Unselbstständigkeit war immens.
2011 las ich einen weiteren Bericht im Spiegel, wo Eltern von blinden
Kindern berichteten, wie sie sich dafür eingesetzt haben, das Daniel Kish
nach Deutschland kommt um dieses Verfahren näher vorzustellen.
Ich nahm Kontakt zu ihnen auf und erfuhr dabei, das sie inzwischen einen
Verein gegründet haben. Sie suchten vergebens nach Trainern in Deutschland,
die diese Technik vermitteln. Im Herbst 2011 gründeten die Eltern deshalb
den Verein Anderes Sehen e.V., "aus reiner Notwendigkeit" heraus. Der Verein
soll die Frühförderung blinder Kinder in Deutschland vorantreiben und
Klick-Sonar bekannt machen.
Auf Ihrer Webseite erfuhr ich, das im Februar 2012 ein Treffen geplant ist,
in dem Neulinge in dieses Gebiet eingeführt werden. Die Veranstaltung gab
mir einen kleinen Einblick in diese Technik. Dennoch reichte es mir nicht
aus, ich wusste nicht, wie ich das noch im Alltag auf natürliche Weise mit
unterbringen konnte. Ohne das es für mich mehr Aufwand bedeutete.
Im Oktober 2012 kam Daniel Kish nach Berlin um in Workshops die
Klick-Sonar-Technik detaillierter vorzustelllen. Im Seminarraum der
Sprachschule im Prenzlauer Berg saßen in etwa 25 Teilnehmer vor Daniel Kish.
Es waren Größtenteils sehende Eltern von blinden Kindern, einige Erzieher,
die sich fortbilden möchten und Guido und ich. Viele sind auch extra dafür
aus anderen Bundesländern angereist gekommen.
„Diese Augen, die Sie sehen, sind aus Glas“, sagte er, „also ich sehe nichts“.
Er dreht sich und läuft ein paar Schritte zur Seite und hebt ein Tablett
hoch, das an der Wand lehnt.
Er bittet die sehenden Anwesenden, ihre Augen zu schließen, es wird leise im
Raum und macht Schschschhhhhh, dabei zieht er das Tablett langsam vor seinem
Gesicht vorbei. Der Ton verändert sich. Mit dieser einfachen Übung zeigt er
wie man prüfen kann, ob ein Objekt vor einem ist oder nicht. "Wie klingt
das?", fragt Kish. Die Sehenden stolpern über ihre Sprache, suchen nach
Wörtern, denn: Wie beschreibt man ein Geräusch? Wie verändert sich das
Schschschsch, wenn man ein Tablett vor das Gesicht hält? Wie klingt ein
Baum, ein Pfahl, eine Treppe?
„Jedes Ding hat einen Klang“, erklärt er weiter, „und jedem Klang wird eine
Bedeutung gegeben“. Die sehende Gesellschaft habe eine ausgefeilte Sprache
entwickelt, um visuelle Dinge zu beschreiben. Für Blinde ist es jedoch
wichtig, eine Sprache zu entwickeln, die das beschreiben kann, was man hört.
Im ersten Schritt geht es bei Klick-Sonar um die Wahrnehmung von Objekten,
im zweiten erst um Identifikation.
Ein sehbeeinträchtigtes 11 jähriges Mädchen sagt: „Ich habe noch nie einen
Ausgang selbstständig gefunden“. Bislang wurde sie immer geführt. Daniel
reagiert sofort: "Das üben wir jetzt." Sie gehen nach draußen auf das Gelände,
auf dem mehrere Gebäude stehen, das Gelände, das sie noch nie vorher
betreten hat. Beide haben einen Blindenstock in der Hand. Daniel stellt sich neben
sie. „Klick mal und hör genau hin“, sagt er zu ihr. Sie schnalzt mit der
Zunge. Sie dreht ihren Kopf zur einen Seite klick, dann dreht sie ihren Kopf
zur anderen Seite klick.
„Links von mir ist vermutlich eine Wand", sagt sie, „rechts von mir scheint
alles frei zu sein". - „Korrekt“, sagt er. Sie schnalzt weiter und geht die Wand
entlang, sie versucht dabei den gleichen Abstand zu halten. "Mache ich das gut?", fragt
sie in die Runde. „Oh ja“, raunen wir, die das beobachten.
Sie tritt aus dem
Schatten und spürt plötzlich die Wärme im Gesicht. „Hm, die Sonne“, sagt sie
und bleibt einen Moment stehen.
Sie geht weiter, hört die Ecke, findet die Tür und freut sich. „Ich
hoffe, dass sich meine Zunge durch die vielen Klicks nicht abnutzt“ und
lacht.
Nach dieser anschaulichen Demonstration geht er mit uns noch weiter in die
angrenzende Grünanlage der Sprachschule.
Mit einfachen Übungen zeigt er uns, wie Klick-Sonar funktioniert.Wie man
Entfernungen hört, wie man Größe und Dimensionen wahrnehmen kann, wie man
Oberflächen unterscheidet. Fortgeschrittene Anwender, sagt er, können
Baumarten aufgrund ihrer Oberflächenstruktur identifizieren, ihren Computer
erklicken, ihre Kaffeetasse. Bis zu 200 Meter weit reicht die Technik.
Ecken sind sehr einfach zu hören und wichtig, weil Nützliches meist in der
Nähe ist. Türen, Ausgänge und Eingänge sind mit Klick-Sonar besser zu
orten und somit wird man unabhängiger.
Durch die detallierten Ausführungen von Daniel Kish habe ich einen Weg wieder
gefunden um Klick-Sonar im Altag zu integrieren.
Ich bin davon Überzeugt, daß Klick-Sonar kombiniert mit einem weißen
Langstock, eine gute Ergänzung ist.
Je früher Langstock und Klicksonar mit einbezogen werden, je besser ist das für die weitere Entwicklung.
Auch finde ich, das diese Technik mehr Verwendung finden sollte und
noch mehr Menschen darüber erfahren, um es Betroffenen weiter zu sagen.
Daniel Kish sagt: „Blindheit sollte nur als eine Unbequemlichkeit verstanden
werden“
Gruß
Silja