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Der sensorische Koffer

Mit Vorfreude packe ich in spaniens Bergen (Malaga/ Analusien) meinen Koffer und stelle dabei fest, dass er nicht ausreicht um alles nach Berlin mitnehmen zu können. Darum bitte ich meine Mutter, mir unbedingt einen weit größeren von sich zu leihen. Es kommen mit: Eine sanfte Brise Jasmin, gepaart mit Minze, Rosmarin und Lavendel.

Ein salziger herber Geruch des Mittelmeers legt sich an die Seiten des Koffers. Die Wellen mit Meeresrauschen und Gischt schmiegen sich ganz eng .... um die liebliche Duftkomposition, Die aus tropischer, terraner schwer süß riechender Luft die sich mit allerlei Kräuter vermischt und stark umworbener nußartiger, aromatische durchwärmte Erde vermählt.

Der seichte Wind der mich täglich berührte, umschmeichelt die warmen Sonnenstrahlen. Beim falten und legen dieser werde ich noch immer sehr erfüllt im Herzen und sehne mich in den schon vor langer Zeit von jemand anderem ausrangierten altersschwachen Liegestuhl, der mich dennoch wohlbehalten zwei Wochen lang umsorgt beherbergte.

Im Garten des Südens zurück. Ihm galt großen Dank für seine so selbstlose Gastfreundlichkeit. Denn dort wo der Liegestuhl noch immer nun verwaist steht zirpt, mäht und zwitschert es, Glocken läuten, Blätter rauschen leise im Wind. Diese Stimmen und zarten Klänge packe ich ganz vorsichtig in die Mitte des Koffers, damit sie nicht Schaden nehmen. Von den Nächten habe ich unterschiedliches Hundegebell und ungeduldiges Katzengejammer dass immer mehr anschwillt und das sich von dem Paarungsruf der Eidechsen bald nicht mehr zu unterscheiden lässt. Innerlich muss ich schmunzeln, weil mich dass Konzert aller Tierstimmen mehr und mehr in ihr Bann zieht. Mal sind vielfältige Hundestimmen im Vordergrund zu hören, werden wiederum dann gleichermaßen gefolgt von den Katzen mit ihren Miau und irgendwie mittendrin die Paarung der Eidechsen, die sich anhören, als würde man einen aufgescheuchten Katzenfrosch durchs Gelände jagen. Ärgere ich mich doch ein wenig, dass ich nicht gleich so gegenwärtig war und dieses unfassbare Tierkonzert mit dem Aufnahmegerät eingefangen habe.

Doch beeindruckt hat es mich so sehr, dass ich es tief in mir aufgesogen habe, weil sie mich in meinem traumlosen Nächten begleiteten. Von weiter unten im Koffer vernehme ich gedämpft fremdsprachige Stimmen in Spanisch, Englisch, Niederländisch, die sich viel zu laut wichtiges zu erzählen haben oder sich etwas zurufen — zuflüstern. Kinderlachen weht zu mir ins Zimmer an meine Ohren und ich fange diese fröhlichen Momente ein und lege sie auch in den Beutel zu der Brise Jasmin, gepaart mit Lavendel, Rosmarin und Minze. Ich schnuppere noch Mal hocherfreut am Beutelchen, bevor ich ihn letztlich fest verzurre, damit die Wellen ihn nicht wegspülen. — Mmh, diese Kräuterzusammensetzung ist ein Nasenschmauß, der mich völlig umhüllt, einhüllt. Feigen, Datteln, Oliven und Hibiskus liegen mir noch zu Füßen, überlege gerade wie ich sie am besten im Koffer verstaue damit sie nicht gedrückt, matschig werden. Auf jeden Fall müssen noch die Muscheln, Algen und die von Naturgewalten, „Wind, Sonne, Sand und Wellengang" hart und nicht so sanft angepackten, umspühlten eckigen, rauen, glatten, ovalen und herzförmigen Steine mit, weil sie mich an diese so herrlichen Momente, der Sorglosigkeit und Sommerfrische erinnern. An den Tagen, wo dass Wetter in Berlin nicht allzu sehr meinen Vorstellungen entspricht, werde ich sie in die Hände legen und schließe dabei die Augen und umfasse sie ganz leicht damit ich ihre Form mit meiner ganzen Aufmerksamkeit aufnehmen kann.

Sie finden noch Platz an der Seite von Wellen und Meeresrauschen. Ihre Förmigen, abgerundeten Körper schmiegen sich in vertrauter Zweisamkeit an ihnen an, als würden sie schon immer zueinander gehören. Aua, was ist denn das? Es piekst. Feine zierliche Stacheln verhaken sich in meinem Handrücken. Aja, stimmt, das ist der Ableger vom dicken Kaktus der seit dem meine Eltern das Haus und Grundstück übernahmen, schon immer da mitten im Garten stand, an dem ich fast nie, ohne ihn ungewollt leicht an seinen kräftigen Stacheln mit dem linken Knie unsanft berühre, vorbei komme. Es scheint mir, als würde es ihm leid tun, dass ich mich an ihm verletze, da er eine saftartige Flüssigkeit empor bringt; als würde er weinen. Ich umarme ihn ganz vorsichtig und spreche in gedämpften, beruhigendem Ton mit ihm, dass es mir sehr leid täte, das ich ihn ständig auf solch eine Art und Weise kontaktiere. Der kleine Ableger in der kunstvoll verzierten Tonschale meiner Mutter, der auf dem kleinen Tischchen neben dem Sofa steht, worauf mein Koffer zur letzten Stipptvisite einnehmend ausgebreitet liegt, scheint mir zuzuhören. Du, sage ich verschwörend, mich wieder ihm aufmerksamer zuwendend, mit von Schmerz verzerrtem, doch liebevollem Gesicht. Schade, Dich kann ich leider nicht mitnehmen, denn es gibt keinen Platz mehr in meinem Koffer und Du könntest darin hoffnungslos ertrinken. Doch ich werde mich noch lange gern an Dich erinnern.

Noch einmal drehe ich mich wehmütig um und winke zum Abschied allen zu und verspreche im nächsten Jahr unbedingt wieder zu kommen! Daheim öffne ich den Koffer und ja was entdecken da meine flinken Finger, meine Mutter hat mir noch ein Glas mit der so leckeren Kakteenmamelade in den Koffer gelegt. Es erfüllt mich so sehr! Vor lauter Rührung kommen mir da die Tränen!

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