An einem Samstag im April besuchte ich gemeinsam mit anderen
sehgeschädigten Teilnehmern und deren Begleitungen um die Mittagszeit
eine Führung in der Komischen Oper.
Es ging hinter die Kulissen, darauf freute ich mich schon sehr.
Im Foyer wurden wir herzlich von Frau Trawny zur heutigen Führung
begrüßt.
Von dort ging es zum Parkettbereich, wo sich der "Parkett–Umgang" in
Hufeisen–Form" ums Parkett schließt, wo sie dann weitere Ausführungen
zum Haus machte. So gibt es etwa im Parkettbereich" – 800 Sitze, mit den
Rängen" sind es dann 1130. Der Kronleuchter im Saal besteht aus "2000
Kristallglas–Teilen" und wiegt stattliche 800 Kg. Zwei Mal täglich
finden ein Auf– und ein Abbau der Kulissen statt, so dass man die Oper
schon mit einer Großbaustelle vergleichen könnte, meinte Frau Trawny
amüsiert. Durch Schnipsen mit ihren Fingern demonstrierte sie uns wie
hoch der Raum wahrlich ist und wie wunderbar die Raumakustik im Saal
ist.
Weiter ging es dann auf die Seitenbühne hinter dem "Eisernen Vorhang",
wo sich bei einer Vorstellung bis zu 60 Mitwirkende aufhalten können.
Bei fast völliger Dunkelheit arbeiten hier für die Sänger dann auch zwei
Ankleider sowie Maskenbildner. Die Seitenbühne, die wir dann abschritten
ist insgesamt, 19 Meter hoch. An 57 beweglichen Stangen kann man die
Bühnenbilder einhängen. Ganz oben, auf dem Schnürboden, arbeiten bei
einer Vorstellung, weitere Angestellte, die unbedingt schwindelfrei sein
sollten. Dann zeigte sie uns die Drehbühne, die einen Durchmesser von 13 Metern hat.
Auf eine Frage von einem Teilnehmer berichtete Frau Trawny sehr
bildhaft, wie viele Pannen es schon bei Aufführungen gab z. b. Glatzen
lösten sich ab, Schüsse gingen nicht los, die falschen Requisiten
erschienen auf der Bühne. Sie selbst hatte bei einer Aufführung
insgesamt fünfzehn Fehler entdeckt. Der Zuschauer merkt davon nicht
viel, gab sie uns zu verstehen.
Über eine Treppe erreichten wir dann das Bühnengebäude mit den
Maskenräumen. Vierzehn Maskenbildner arbeiten an der Oper, je nach
Produktionsgröße werden weitere von auswärts engagiert. Welche Masken
für welche Vorstellung gebraucht werden, entscheiden die Kostümbildner.
Da die Oper 55 Stücke im Repertoire hat, muss für jeden Mitwirkenden
genauestens dokumentiert werden, wie dessen Maske auszusehen hat und wie
er geschminkt werden muss.
Das Highlight für mich war absolut der Besuch im Maskenraum. Da man sich
Perücken aufsetzen, Bärte ans Gesicht halten oder sich an einen der drei
Schminkplätze setzen konnte. Das lässt auf jeden Fall Mädchenherzen
höher schlagen ...! Frau Trawny erklärte detailreich wie die Perücken
angefertigt werden, ob aus Echt–, aus Büffel– oder Kunsthaar. Für die
Herstellung einer Perücke sind zwei Arbeitswochen nötig. Interessant war
auch, wie blutige Wunden auf der Bühne beinahe lebensnah dargestellt
werden, als würden dies später wirkliche Schusswunden sein. Dafür werden
von den Maskenbildern Blutkissen angefertigt, Die ins Kostüm eingenäht
werden. Die vom Sänger/in, leicht am Körper unauffällig mit der Hand
usw. zerdrückt werden kann. Wir durften sie in die Hände nehmen, aber
Vorsicht war geboten, da sie schnell kaputt gehen können.
Im Gipsraum, der sich im Keller des Bühnengebäudes befindet, gab es für
uns ebenfalls viel zu ertasten. So waren hier jede Menge Köpfe aus Gips
z. B. Menschenköpfe und auch ein Gipstotenschädel die zur Herstellung
der Masken nötig sind, aufgereiht.
Auch Handschuhe mit Krallen konnten wir uns überstreifen. Zum Schluss
besuchten wir einen weiteren Raum mit aufsetzbaren Tierköpfen, z. b.
Ziegenbock, Hase oder Pfau, die wir uns sogleich über unsere Köpfe
stülpten. Das machte unglaublich viel Spaß.
Im Großen und Ganzen hat mir die Führung gefallen, dennoch denke ich
dass es unbedingt zusätzlich zur verbalen Beschreibung noch ein
Tastmodell vom Saal– und Bühnenbereich bereit gestellt werden sollte,
sodass man sich’s leichter bildlich vorstellen kann, wie dass Saalinnere
ausgestattet – und der Bühnenbereich architektonisch konzipiert wurde.