Schon immer träumte ich davon Fotomodell zu werden. Mit 10 Jahren saß ich
wie gebannt vor dem Fernsehgerät und sah mir die Modeschauen an.
Die Mannequins sahen alle so toll aus, so wollte ich auch mal aussehen!
Jede einzelne von ihnen sah so wunderschön aus!
In meinen Phantasieträumen sah ich mich schon mit den schönsten Kleidern und
üppigen Frisuren daher stolzieren!
Ich sah mir die Frauen in den Zeitschriften meiner Mutter an und wünschte
mir sehnlich, dass wenn ich groß bin, auch mal so auszusehen, wie diese!!!
Mit 12 erblindete ich durch einen Autounfall entgültig und mein Traum Fotomodel zu
werden löste sich in Dunkelheit auf.
Von blinden Fotomodellen hatte ich bis dahin noch nichts gehört oder
gelesen. Der Wunsch, Fotomodell zu sein ließ mich eigentlich nie so richtig los!
Innerlich hoffte ich auf ein Wunder!
Viele, die davon erfuhren belächelten mich. Silja, das geht doch nicht,
dass Du ein Fotomodell wirst! Behinderte Fotomodelle haben wir noch nie
gesehen, gibt es nicht, gaben sie mir zu verstehen.
Ja, ich fand mich dann damit ab und dachte bald auch nicht mehr an meinen
Jugendtraum.
Mit nunmehr 40 Jahren, 28 Jahre später sah ich mich im Internet um und stieß dabei auf eine Seite, wo
Menschen die im Rollstuhl sitzen, die Möglichkeit erhielten, Fotomodell zu
werden.
Das wollte ich erst nicht wahr haben, dass Behinderte dies durften, es akzeptiert wurde.
Ich dachte, es ist nur ein dummer Scherz! Das ärgerte mich aber irgendwie, dass
sich andere über uns köstlich amüsierten.
Ich las den Beitrag immer und immer wieder und konnte es einfach nicht
fassen, das so etwas doch möglich sein sollte.
Nun begab ich mich auf die Suche, ob es so etwas für Menschen die blind sind
auch realisierbar sei ...
Meine Suche ergab, dass es diese Möglichkeit scheinbar nicht gab! Das ärgerte mich sehr, denn ich
wollte es nicht einsehen, dass Menschen die im Rollstuhl sitzen dies
durften und Blinde nicht. Wo war da die Chancengleichheit, dachte ich so bei
mir!
Bis ich eines Tages durch einen Bekannten die Idee gesteckt bekam, mich an
die Hersteller für blindenspezifische Produkte zu wenden.
Gesagt getan.
Irgendwie glaubte ich nicht daran, dass es jemanden geben wird, der mein
Anliegen als blinde Frau, Fotomodelltechnisch tätig zu werden, eingehen
würde.
Ich habe mich da vom Gegenteil überzeugen lassen, denn tatsächlich
antwortete mir ein Uhrenhersteller aus der Schweiz.
Er habe Interesse an meinem Anliegen und würde diesbezüglich gerne mit mir
in Kontakt treten wollen. Er habe zwar sich darüber bisher noch keine
Gedanken gemacht, findet aber meine Idee nicht schlecht. Dass Blinde Werbung
für seine Blindenuhren machen.
Im letzten Jahr im November war es dann so weit. Er lud mich in die Schweiz
ein, seine Uhren mit mir ablichten zu lassen.
Ich konnte dies erst gar nicht so schnell realisieren, glauben, dass mein Kindheitstraum
"Fotomodell" zu sein jetzt wirklich in Erfüllung ging!!!
Erst als ich wahrhaftig im Flugzeug Richtung Schweiz saß, wurde es nach und
nach für mich real, ein denkwürdiges Gefühl.
Die Gewissheit, dies in meinem Alter doch noch erreicht zu haben, überwältigte
mich völlig!!
Fotoshooting und Filmaufnahmen
Am 08.11.07 am Mittag flogen mein Mann und ich von Berlin Schönefeld nach Basel.
Im Flugzeug saß ich im Sessel, wie ein Flitzebogen, der sich bald in
Wohlgefallen auflösen wollte, der Flitzebogen, nicht der Sessel.
Die Spannung, was da auf mich zu kommen würde
ließ mich nicht mehr los! Ich versuchte mir den Mann in der Schweiz
vorzustellen! Hatte ich ja bis dahin nur einmal mit ihm am Telefon
gesprochen! Die Stimme und die Art wie er mit mir zu sprechen pflegte hatte
mich zwar tief beeindruckt, doch konnte ich nicht daraus erkennen wie er
wirklich sein würde. Die E-Mails die ich von ihm erhielt, waren freundlich
und sehr sachlich.
Ich hoffte nur, dass ich seinen Vorstellungen auch wirklich entsprach!
In Basel angekommen, trat ein etwas älterer aber sehr freundlich klingender
Mann auf uns zu und sprach uns an, ob wir Frau und Herr Korn sein!
Er sei der Mitarbeiter und Freund des Herrn Loosli.
Er fragte ob wir etwas zu Essen oder zu trinken wollten bevor er uns direkt
nach Tramelan führe!
Wir erwiderten, ja, etwas vorher zu trinken wäre sehr gut!
Nach der Stärkung führte er uns zu seinem Auto und fuhr uns nach Tramelan.
Ein verträumtes Dorf im schweizer Jura.
Unsere Unterkunft das Hotel Union in Tramelan ähnelte einem Gasthaus.
Gleich auf Anhieb fühlten wir uns
dort heimisch. Das Zimmer war zwar nicht allzu groß, doch freundlich
eingerichtet.
Die Besitzer des Gasthauses wohnten auch in diesem Hause. Dies vermittelte
uns den Eindruck, als würde man dazu gehören.
Der Gastraum wirkte auf mich spartanisch eingerichtet. Es standen einige
Tische mit Stühlen davor und ein Tresen darin.
Deutschsprachige Gäste vernahm man dort nicht.
Die Speisenkarte war in Französisch geschrieben. Unser Glück, dass Guido
durch seinen Beruf als Koch trotz wenigen französisch Kenntnissen mich
bezüglich Essenswahl beraten konnte.
Nach dem Essen erschien Herr Loosli an unserem Tisch.
Während des Gespräches nahm die Anspannung ab, da er überhaupt keine
Berührungsängste mir gegenüber zeigte. Das gefiel mir sehr gut und ich
freute mich darüber, dass unser kennenlernen so unkompliziert verlief. Denn
so etwas hatte ich wirklich sehr selten bisher in meinem Leben, als
Sehgeschädigte erlebt. Nachdem wir alle Formalitäten geklärt hatten, gingen
wir über uns über den Ablauf des Fotoshootings im Detail zu unterhalten, wie
es am nächsten Tag von statten gehen sollte.
Herr Loosli übermittelte mir das Gefühl, wirklich ein richtiges Fotomodell
zu sein, ein nette Geste!
Der Fotoshootingtag war sehr stramm durchplant.
Um 8.00 Uhr kennenlernen der Fotografin, Sandra. Danach ins Fernsehstudio in Biel, um
dort mit den Fotoshooting zu beginnen und darüber auch einen
Fernsehbeitrag zu drehen, der dann im Regunalfernsehprogramm in Biel in Mundart
sowie in Französich gesendet wurde.
Um 10.00 Uhr Fotoaufnahmen im Bahnhofsgebäude von Biel.
Um 11.00 Uhr in die Firma Auguste Reymond. Fotoaufnahmen mit den
unterschiedlichsten Blindenuhrenmodellen im Büro.
Danach Fotoaufnahmen in der Werkstatt von Auguste Reymond.
Zwischen den Fotoaufnahmen in der Werkstatt und weiteren Aufnahmen auf einem
Pferd waren 1,5 Stunden Pause zwecks Mittagessen eingeplant.
Um 13.30 Uhr ging es zu der Hasler Western Farm, wo noch Fotos mit einem Pferd
geplant waren.
Dafür wurde ich in Cowbowoutfit gesteckt.
Dem Hengst, der dafür ausgewählt worden war, gefiel dies ganz und gar nicht, da er viel lieber zu den Stuten
in den Stall zurück wollte.
Es war für die Fotografin sowie für mich auch eine
große Herausforderung mit dieser präkären Situation umzugehen, weil ich
ganz schön damit zu kämpfen hatte, nicht vom Pferd zu fallen und sie, trotz
einem störrischen Hengst samt blindem Fotomodell gute Bilder schießen wollte.
Ich glaubte ehrlich nicht daran, dass dies der Fotografin wahrhaftig
gelingen würde, doch es gelang Sandra
Nach diesem aufregenden Teil meines Fotoshootings fuhren wir dann zum Café de La Place, wo ich an ein Klavier gesetzt wurde, um während des
Klavierspielens noch einige Bildaufnahmen zu machen.
Der Tag wurde mit dem klassischen Nationalgericht, einem leckeren Käsefondue abgerundet. Herzlichen Dank an Pricilla. Es war klasse das Käsefondue.
Am nächsten Tag, den 10.11.08 ging es dann wieder zum Flughafen nach Basel, zurück nach Berlin. Der
Zauber des Fotoshootings schwebte noch sehr lange in mir nach.
Nun ist ein Bild von mir auf der Webseite von Auguste_Reymond bei den News. Im Uhrenkatalog sind die Fotos von mir abgelichtet.
Die Fotos wurden von Sandra Husser aufgenommen.