Menschen mit Behinderung haben sich lange nicht mit Stolz in der Öffentlichkeit gezeigt, sondern sie haben eher mit Scham versucht, sich in die “normale“ Gesellschaft einzuordnen. Mit diesem Auftritt wird gezeigt, das dies vorbei ist und sie sich nun überall nach dem Konzept von “Disability Pride“ mit Stolz
und Freude in die Gesellschaft begeben werden.
Das Thema wurde von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und Zuwanderungsgeschichte mit einer Mischung aus Performance und Party präsentiert.
Als ich davon erfuhr, das es eine derartige Aktion im Rahmen des Festivals “Karneval der Kulturen“ geben wird, musste ich nicht lange darüber nachdenken, ob ich daran teilnehmen werde oder nicht.
Ich vertrete die Ansicht, daß ich als Betroffene ebenso dafür verantwortlich bin, daß sich in den Köpfen der Gesellschaft, noch einiges mehr bewegt. Die Veranstaltung fand zum ersten Mal in solch einem Rahmen statt.
Am 24. Mai 2015 um 11.30 Uhr war es nun so weit. Wir trafen uns am Wagen 4 in der Urbanstraße nähe Hermannplatz. Um 12.30h ging die Wagenkaravane samt tanzenden Menschen dahinter los. Sie führte über den Südstern bis zum endgültigen Ziel Jörgstraße.
Die Stimmung hinter unserem Wagen war großartig. Sodass ich beinahe 5 Stunden nur am Tanzen war. Auf den bürgersteigen jubelten uns die zahlreich erschienenen Kanevalsbesucher begeistert zu. Das war ein unvergleichbares Gefühl! Am Ende brannten und schmerzten mir zwar die Füße so sehr, aber das machte mir nicht viel aus. Eher war ich stolz auf mich, daß ich es geschafft hatte, ganze 5 Stunden auf den Füßen, mich daran zu beteiligen.
Am 23. Juni 2018 um 15h startete die Pride Parade wieder in Berlin.
Diesmal war auch ich wieder dabei. Diesmal mit den Frauen von "Platz da!"
Steffi und ich trafen uns am Hermannplatz mit den anderen Frauen
von" Platz da!". Dort überreichte uns Mirjam einen Violetten Luftballon, an
dem eine Visitenkarte von "Plattz da!" befestigt war. Später haben wir noch etwas auf den Luftballon geschrieben; was noch nicht barrierefrei ist - oder was in der Gesellschaft (noch) nicht zu finden ist, damit jeder sein Leben so selbstbestimmt leben kann, so wie sie/er es mag. Dann ließen wir den Luftballon fliegen. Mal
schauen ob wir irgendwann erfahren ob einer der Luftballons wo gelandet ist und wer ihn fand.
Der Start der Pride Parade war direkt vom Hermannplatz aus und von dort bewegte sich die Demo langsam weiter über den Kottbusser Damm. Um 17:15h kamen wir vor dem Südblock am Kottbusser Tor an. Beim
Südblock gab es eine Abschluss-Kundgebung.
Wir von "Platz da!" feierten mit den Anderen LEISE UND LAUT - SOLIDARISCH auf der Pride Parade und tanzten
wild und ausgelassen umher; bis zum Kotti. Die Stimmung unter den Feiernden war mega cool.
Ich fühlte mich unheimlich wohl und gut aufgehoben unter den vielen Menschen. Jeder achtete auf den Anderen. Kein Gedrängel oder Geschiebe war zu
spüren.
Das habe ich noch nie auf einer Demoveranstaltung je vorher so erlebt. Die Veranstalter hatten an alles gedacht. Sogar an einen Ruhewagen. Für
diejenigen, die eine Pause brauchten. Ich suchte den Wagen auf, als es anfing zu regnen. Ja, ich wurde dort sehr willkommen empfangen; mit Keksen und etwas zu trinken.
Ich denke, im nächsten Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei, bei der Pride Parade!