Phönix ist ein gemeinsam gestaltetes Werk, welches Alexander und ich an einem
Samstag Nachmittag im Januar in der Küche angefertigt haben. Es war ein
Dankeschön für die Brailleschrift auf meiner Seite. Schon einige Zeit habe
ich Guido damit in den Ohren gelegen, daß ich es toll fände, wenn die
Menschen, die auf meine Seite kommen, ihren Namen in Blindenschrift schreiben
können. Beim recherieren im Internet stieß Guido auf die Seite von Alexander Fakoo.
Er hat sich auf seiner
Seite sehr intensiv mit dem Thema Brailleschrift auseinander gesetzt, das wir auf die Idee kamen diesbezüglich mit ihm
in Kontakt zu treten. Ja, und er hat Guido, meinem Webmaster, die nötigen Dateien, ohne das er
etwas dafür haben wollte, zur Verfügung gestellt. Das fanden wir beide mehr als nur nett, so daß
wir Alex dafür als "Dankeschön" etwas überreichen wollten. Was lag da näher, als Alex zu fragen, ob er sich von meinen gemalten Bilder eines aussuchen möchte? Ihm
gefiel eines besonders, doch es war nicht in "seiner Farbe".
So luden wir Alex zu uns
nach Hause ein, um zusammen mit mir ein Bild nach seinen Vorstellungen anzufertigen. Er wollte seine Mama in Berlin
besuchen und so verabredeten wir uns, da sich dabei die Gelegenheit zum gemeinsamen malen ergab.
Er probierte es gespannt aus blind zu malen. Wir saßen uns am Küchentisch (meinem Atelier) gegenüber.
Jeder von uns hatte eine Seite der Leinwand zum gestalten vor sich. Wir haben vorher nicht
darüber gesprochen, wie wir unsere Seiten bestücken werden. Wobei Alex dies
wahrscheinlich angenehmer gewesen währe, hatte ich so den Eindruck. Was ich
auch gut verstehen kann, denn wann deckt man seine Augen ab, um sich nur auf
seinen Tastsinn zu verlassen. Natürlich nur, wenn man so wie ich malen will, ohne die Kontrolle des Auges. Er war sehr mutig, finde ich. Nun kann man unser gemeinsames Werk hier und in meiner
Online-Galerie
betrachten. Der Titel des Bildes ist von Alex gewählt worden.
Es hat uns beiden großen Spaß bereitet, an diesem Nachmittag bei einem einfachen doch sehr schmackhaftem Essen und einem Frangelico mit Sahne zusammen zu malen.
Als ich die Einladung für unsere gemeinsame Mal-Aktion von Silja
erhielt, habe ich mich sehr gefreut darüber. Schließlich ist sie eine
bekannte blinde Künstlerin und ich habe ihr lediglich dabei geholfen,
etwas Brailleschrift in ihre Internetseite zu integrieren. Zuerst wollte
sie mir ein Bild nach meinen Vorstellungen malen, aber irgendwann kamen
wir dann auf die Idee, dies gemeinsam zu tun. So nahm ich die Einladung
gern an und im Rahmen eines privaten Aufenthaltes in Berlin machten wir
einen Termin in ihrem "Atelier".
In den Tagen vor dem Besuch sollte ich mir schon mal überlegen, wie das
Bild aussehen solle. Und da ich in einem Video über ihre Ausstellungen
ein Bild mit Federn gesehen hatte, setzte sich diese Idee in meinem Kopf
fest: hellblau sollte das Bild werden und ein paar Federn darauf sein.
Wie unsere gemeinsame Mal-Aktion ablaufen könnte, davon hatte ich keine
Vorstellung.
Trotz beginnenden Winters war ich pünktlich zur Stelle und wurde
herzlich von Silja und Guido in ihrer Wohnung empfangen. Nach einem
Kaffee und einem kurzem Kennenlernen-Gespräch wurde der Küchentisch in
ihr Atelier verwandelt und wir beide nahmen, in unser Malergewand
gehüllt, je an einer Seite daran Platz. Zwischen uns kam die noch
jungfräuliche Leinwand, die wir gegenüber sitzend je zur Hälfte nun nach
unseren Vorstellungen bearbeiten wollten. Über die Gestaltung hatten wir
bis dahin und auch später nicht gesprochen, lediglich die Farbe hellblau
stand ausreichend zur Verfügung.
Jetzt fragte mich Silja, ob ich bereit wäre, meine Seite auch blind zu
bemalen, das heißt unter einer die Augen verdeckenden Maske. Warum
nicht, dachte ich mir, was soll schon passieren. Und so wurde mir eine
Schlafmaske gereicht und ich schloss darunter auch die Augen - schummeln
kam für mich nicht in Frage. Ich wollte, nur mit meinem Tastsinn
bewaffnet, meine Hälfte des Bildes so gut wie möglich gestalten. Wer als
Sehender schon mal ähnliche Spiele wie "blind ein Schweinchen malen"
oder "blind dem Esel den Schwanz anheften" gespielt hat, kann sich
ungefähr vorstellen, worauf ich mich hier eingelassen habe.
Zu Beginn ertastete ich die Ausmaße meines Malbereiches, muss aber
ehrlich zugeben, dass ich zwischenzeitlich keine Vorstellungen mehr
davon hatte. Den Untergrund in einem einheitlichen Farbton zu färben
gelang mir noch recht gut, doch bestimmte Muster auf dem Bild
unterzubringen versagten wegen fehlender optischer Kontrolle total. Ich
beging, wie ich später feststellen musste, den gleichen Fehler wie fast
alle Sehenden - ich versuchte die optische Kontrolle ausschließlich
durch die innere Vorstellung zu ersetzen. Glücklicherweise kam mir
Guido, der uns während des Malens die angeforderten Farben reichte, mit
einer Idee zu Hilfe.
Er reichte mir ein paar Holzfasern, die für mich ohne Augennutzung nicht
als solche zu erkennen waren. Dieses Zeug positionierte ich mit
reichlich Farbe an bestimmten Stellen meines Bildes und setzte so
endlich ein paar taktile Orientierungspunkte in meinem Malbereich.
Inzwischen war ich zur Farbe rot gewechselt und gestaltete zum Schluss
noch einen kleinen Haufen mit den Holzfasern, den ich später zu einem
Feuer deklarierte.
Nachdem uns Guido bestätigt hatte, dass alle Bereiche des Bildes mit
Farbe bedeckt waren, beendeten wir unsere Maltätigkeit und ich nahm
meine Maske ab. Sofort wurde mir klar, dass die vermeintlich
aufgebrachten Muster nicht mehr sichtbar waren, da ich sie später
einfach übermalt hatte. Nach einer kurzen Trocknung des Bildes wurden
noch die Federn aufgebracht, die der hauseigene Papagei zuvor freiwillig
(so wurde mir versichert) abgegeben hatte.
Die Malerei hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht und ich habe auch
etwas dabei gelernt. Nach einem guten Mittagessen durfte ich das Werk
von Silja und mir dann mit nach Hause nehmen. Bis dahin hatte unser
gemeinsames Bild noch keinen Namen. Erst bei der Präsentation bei mir
daheim kam mir der Name in den Sinn, da das Bild mit seinem blauen und
roten Bereich bei mir assoziierte, "dass ein Vogel zwischen Wasser und
Feuer Federn lässt". Den Namen "Phönix", auch ein Symbol für einen
Neuanfang, fand ich für unser Werk mehr als passend.
Vielen Dank noch einmal, dass ich diese Erfahrung bei Silja machen
durfte und auch für das interessante Werk, welches jetzt in meinem
Wohnzimmer einen Ehrenplatz eingenommen hat.
Alexander Fakoó