Luisa sitzt noch bis spät am Nachmittag vor Pfingsten im Büro. Abwesend nimmt sie von weit her, ein schrilles Telefonläuten vor sich auf dem Schreibtisch wahr.
Sie zuckt zusammen, denn ihre Gedanken, sind nicht bei der Sache, sie muss immer zu an ihren Freund denken.
Grimmig entschließt sie sich, das Klingeln zu ignorieren.
Da geht plötzlich die Bürotür auf und ihr Chef steht sichtlich irritiert im Türrahmen vor ihr. Luisa, sie sind noch hier?
Sie sah auf und die Gold umrahmten Augen ihres Chefs sahen sie erstaunt über den Brillenrand an.
Ja, ich muss noch diese Kalkulation zu Ende bringen. Freundlich aber mit Nachdruck erwidert er,das hat doch noch bis nach Pfingsten Zeit.
Oh weh, durchfährt es Luisa, Pfingsten, daran hatte sie gar nicht mehr gedacht.
Wenn Sie noch Einkäufe zu erledigen haben, dann sollten Sie sich allmählich spurten. Die Läden schließen bald.
Sie sah auf ihre Armbanduhr, oh nein, ging es ihr durch den Kopf, das ist ja gar nicht mehr zu schaffen.
Er sah sie immer noch unverwandt an, fahren Sie in die Breitestraße, als würde er ihre Gedanken lesen können, dort gibt es einen Spätkauf. Den suche ichgelegentlich auch auf, weil ich auch hin und wieder die Zeit verpeile.
Luisa klappt die Akte an der sie gerade arbeitet zu.
Also dann, bis nach Pfingsten. Eilig verlässt sie das Büro.
Völlig unerwartet tritt ein Schatten wie aus dem Nichts auf sie zu und packt sie leicht am Arm. Bitte bleiben sie stehen, der Fahrstuhl ist defekt. Lassen sie mich auf der Stelle los, schrie sie mit Schreckgeweiteten Augen den verblüfften Monteur an.
Entschuldigen sie bitte mein Verhalten, ich wollte ihnen keines Falls solch einen Schrecken einjagen. Schon gut, grollte Luisa.
Er sah ihr nach und dachte, was ist bloß los mit der jungen Frau?
Luisa ging zum Treppenhaus und stieg die Treppen noch am ganzen Körper zitternd hinab.
Im Foyer trifft sie noch ihre Kollegin Elvira an, die immer guter Dinge ist.
Hallo Luisa, Du bist auch noch da? Nein, wie Du siehst bin ich schon auf dem Sprung.
Schöne Feiertage ruft ihr die Kollegin noch überschwänglich nach.
Luisa wollte den Bus noch unbedingt erreichen und winkt ihr nur noch von weitem zu.
Der Bus wollte gerade von der Haltestelle abfahren, da erblickt der
Busfahrer sie noch in der letzten Sekunde im Seitenspiegel.
Danke, brummt sie und sucht sich einen Sitzplatz in der letzten Bankreihe.
Was sollte sie daheim, die Wohnung würde leer sein.
Max, ihr Freund war gestern Abend nach einem verbitterten Streit gegangen. Es ging wie schon so oft im Streit darum, das er Pfingsten lieber allein seine Eltern in Bonn besuchen wollte als ein langes gemütliches Wochenende mit ihr zu verbringen.
Seine Eltern waren mit der Wahl ihres Sohnes, was Frauen anbelangte
überhaupt nicht einverstanden.
Sie wünschten sich eine Frau für ihren Sohn, die wie er aus wohlhabenden Verhältnissen stammt.
Luisa war nur eine einfache Sekretärin in einer Versicherungskette.
Sie hatte nicht mehr viel von ihrem Leben gewollt, seit jenem Tag, als sie ihre Eltern beim Verkehrsunfall verloren hatte.
Sie waren auf dem Weg gewesen, sie bei den Großeltern abzuholen und dann für 10 Tage nach Spanien zu fahren.
Das hatte sich Luisa so sehr gewünscht.
Ihr Vater konnte ihr nie etwas abschlagen und das wusste sie genau! Hans, verwöhn unsere Tochter bitte nicht zu sehr, sprach die Mutter eindringlich zu ihm. Er lächelte sie nur zärtlich an und sie konnte dann nichts mehr weiter erwidern. Wenn sie an ihre Eltern dachte, überkam sie immer noch eine tiefe Traurigkeit, weil sie sie sehr Vermisste.
Die Großeltern besaßen einen großen Bauernhof. Sie war oft bei ihnen, weil sie sich dort sehr wohl fühlte. Der Opa erzählte ihr abends beim Zu Bett gehen, immer so herrliche Nachtgeschichten, die sie irgendwann in eines ihrer Tagebücher schrieb.
Sie wollte diese Geschichten später ihren Kindern wieder erzählen, doch bis heute gab es keine Kinder. Max hatte gleich zu Anfang der Beziehung ihr zu verstehen gegeben, er würde
sie nicht heiraten und auch keine Kinder mit ihr haben wollen.
Sie hatte dazu nichts weiter erwidert und so ist es dann geblieben.
Ihre Liebschaft ging nun schon ins siebte Jahr. Da drang eine laute Stimme an ihr Ohr.
Hallo Frau Klausen. Sie öffnete unwillig die Augen
und erblickte ihre geschwätzige Nachbarin Frau Wolle neben sich.
Oh, wie geht es ihnen? Gut! Ja und Ihnen! Ich kann nicht klagen!
Heute Vormittag habe ich ihren Freund im Keller angetroffen, wie er gerade Koffer und Reisetaschen rauf brachte. Wollen sie verreisen über Pfingsten? Ja! Luisa wurde es beklemmend neben ihrer Nachbarin zu sitzen und sie entschied sich doch noch zum Spätkauf zu gehen. Können sie mich bitte vorbei lassen, ich muss an
der nächsten Haltestelle raus.
Iiich stammelte Luisa fahrig, muss noch schnell zum Spätkauf, es fehlen und noch Eier und Mehl. Wir müssen noch einen Pfingstkuchen für Max Eltern backen. Ach so, dann machen sie's mal gut und herrliche Pfingstfeiertage, sollten wir uns vorher nicht mehr begegnen! Ja, das wünsche ich ihnen und ihren Mann auch sehr!
Luisa schnappt sich hektisch ihren Rucksack vom Sitz und kämpft sich zum Ausgang durch. Frau Wolle winkt ihr noch aus dem Bus heraus freundlich zu. Ppps, kommt es da aus Luisas Mund, da habe ich die alte Klatschbase ja noch im rechten Moment abschütteln können.
Im Spätkauf ist nur noch der Eigentümer anwesend.
Sie nimmt sich einen Einkaufskorb und sucht schnell ihre Backzutaten
zusammen. 9 Euro bitte. Luisa sieht Gedanken versunken aus dem Schaufenster hinaus, da erblick sie Max, wie er untergehakt mit einer auffällig gekleideten Frau und an der Hand einen
kleinen Jungen am Schaufenster vorbeigeht.
Energisch spricht der Ladenbesitzer zu ihr, 9 Euro gute Frau. Luisa holt mischahnisch ihren Geldbeutel aus dem Rucksack. Hier, stimmt so, frohe Pfingsten!
Sie stolpert völlig aufgelöst aus dem Laden und sieht noch wie die kleine Familie in ein Haus hineingeht. Ach so, er hat diesen Streit nur hervorgerufen, weil er sich längst schon in einer anderen Beziehung befindet, fällt es ihr wie Schuppen von den Augen. Weiß wie eine Wand starrt sie zur Tür, wo sie die Entdeckung ... hinter ihr verschwinden sieht.
Junge Dame, ruft eine erregte raue Männerstimme nach ihr! Luisa vernimmt schon nichts mehr um sich herum und sinkt völlig kraftlos zu Boden. Erst im Krankenhaus kommt sie wieder zu sich und sieht an ihrem Bett Max stehen. Er sieht sie mit liebevollen Augen an. Liebes wie geht es Dir? Wie lange bin ich schon hier? Seine Miene verdüstert
sich zunehmend, ein Tag. Weißt Du nicht mehr, was geschehen ist? Sie sieht ihn entgeistert an.
Doch dann sieht sie die kleine Familie, vor ihrem Inneren Auge, wie diese in ein Haus hineingeht. Wer ist die Frau und der kleine Junge? Silvana und Carlo. Nun hellt sich sein Blick wieder auf. Hast Du etwa geglaubt, dass ich schon in einer neuen Beziehung stehe? Ja, sah doch ganz schön danach aus! Das ist meine Cousine mit ihrem Sohn. Nach
unserem Streit wusste ich nicht wohin, da habe ich sie angerufen, ob ich für eine Nacht bei ihr unter kommen kann. Weshalb kenne ich sie noch nicht? Sie wohnt noch nicht lange in Deutschland. Sie ist die Tochter von meinem Onkel der in Australien lebt. Bislang habe ich sie selbst nicht gekannt. Da sie mit der Familie in Deutschland keinen Kontakt pflegte. Meine Eltern haben damals den Kontakt zu meinem Onkel abgebrochen, weil sie es nicht für angebracht hielten, dass er eine Ausländerin liebte. Genauso wie sie mich ablehnen? Ja! Er trat an ihr Bett und nahm ihre noch geschwächte Hand sanft in die seine. Luisa, ich habe viel Zeit gehabt über uns nach zu denken, ich lasse es nicht mehr zu, dass sie sich zwischen uns drängen.
Ich liebe Dich!
Jeder Moment, den Du mit mir verbringst, ist ein Geschenk.